Gersau - frühe Herrschaftsverhältnisse
Die erste schriftliche Erwähnung von Gersau findet sich im Stifterbuch des Klosters Muri und ist dort bei der Einweihung der Klosterkirche im Jahre 1054 so vermerkt „Gersouwe per totum“ – Gersau in seinem ganzen Gebietsumfang. Das Kloster Muri im Freiamt, im Jahre 1027 gegründet und im Jahre 1841 aufgehoben, war also der früheste bekannte kirchliche Grundherr Gersau. Das Kloster hatte den Hof Gersau als Stiftungsgut von den Grafen von Lenzburg erhalten. Die Bauern und Fischer von Gersau hatten als Hof und Gotteshausleute dem Kloster Muri Abgaben zu entrichten; Fische, Käse, Ziger, Schafe, Wolle, Felle, Nüsse.
Vom Kloster Muri gelangten Kollaturrechte (Pfarrwahl) und Kirchsatz in die Hand des Hermann von Buttikon; von diesem kauften Ammann und Kirchgenossen Gersau im Jahre 1483 die kirchlichen Herrschaftsrechte ab und damit gelangten die Pfarrkirche und die Pfarrpfründe ins Eigentum der Gersauer, die zugleich auch das Recht auf freie Pfarrwahl erhielten.
Lenzburger und Habsburger als weltliche Grundherren
Mit dem Aussterben der Lenzburger (1172) und Kyburger (1264) wuchs die Hausmacht Habsburgs im Raum des Zuger- und Vierwaldstättersees bedrohlich. Der Zerfall der königlichen Reichsgewalt und die Stärkung und Ausdehnung der habsburgischen Hausmacht stellten eine bedeutsame Gefahr und Bedrohung für die freien Bauern in den Waldstätten dar. Mit der Wahl des habsburgischen Grafen Rudolf IV. zum Deutschen Kaiser wurde diese Bedrohung noch stärker. Der Unabhängigkeitskampf gegen Habsburg fand zunächst seinen Höhepunkt in der für die Eidgenossenschaft siegreichen Schlacht bei Morgarten (1315) und im Bund der 3 Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden am 9. Dezember 1315 in Brunnen.
Für Gersau bestand zu dieser Zeit die Gefahr eines wechselvollen Spieles der Verpfändung; denn Habsburg gebot als Grundherr in Luzern, in Zug und eben auch in Gersau. Gersau, das kleine, unbedeutende Kleinod am Ländersee konnte als habsburgisches Pfand hin- und hergetauscht werden, bis die schlauen Gersauer im Jahre 1390 das Pfand selbst einlösten.
Gersau als Republik
Eigene Landsgemeinde
Sie fand im Frühjahr auf dem Rathausplatz statt. Die Stimmbürger wählten für 2 Jahre den Landammann und die übrigen 8 Ratsmitglieder und stimmten über Sachgeschäfte ab. Bei den Abstimmungen gilt der Grundsatz, dass „dasjenige, was der mehrere teil macht, der mindere halten soll“.
Eigenes Gericht
Der Ammann war Gerichtsvorsitzender und oberste Polizeibehörde, daneben wurden „geschworene Richter“ gewählt. Ungehorsam, Friedbruch und Schlägereien wurden allgemein mit einer Busse von 5 Pfund bestraft. Das Gericht entschied auch über Leben oder Tod. Der Galgen war Zeichen dieser Hohen Gerichtsbarkeit.
Eigenes Hof- und Eherecht
Im Hofrecht vom 28. Juni 1436 wurde das freiheitliche Gemeindeleben geordnet:
- Die höchste Gewalt lag bei der Landsgemeinde
- Ab 14. Altersjahr wurden alle Dorf- und Kirchgenossen zur Teilnahme an der Landsgemeinde verpflichtet; Nichterscheinen wurde mit einer Busse von 5 Schilling bestraft.
- Der Landammann war zugleich oberster Richter
- Ein Bräutigam konnte seiner Braut als Vermächtnis sein Vermögen höchstens zur Hälfte überlassen (und umgekehrt).
- Wenn ein Gersauer eine auswärtige Frau ehelichte, dann musste er eine Art „Bussgeld“ bezahlen.
Eigene Genossame
Die Genossame ist der Begriff für eine typische alemannische Nutzungsregelung der Alpen, Wiesen, Weiden und Wälder, die den alteingesessenen Ortsbürgern gemeinschaftlich gehörten. Die Hof- oder Dorfgenossen von Gersau bildeten eine Art landwirtschaftliche Gemeinschaft Korporation.